Klärschlammfaulung soll in Zukunft Kosten sparen und die Umwelt schützen
Aus der Volksstimme von André Ziegenmeyer
Auf der Oschersleber Kläranlage ist gestern der offizielle erste Spatenstich für ein Großprojekt erfolgt. Für mehr als vier Millionen Euro soll dort eine Klärschlammfaulung entstehen. Laut TAV soll das Kosten sparen, die Gebühren stabilisieren und die Umwelt schonen.
Oschersleben | Den Plan für das Vorhaben gibt es schon lange. Jetzt geht es los. Vinny Zielske ist die Geschäftsführerin des Trink- und Abwasserverbandes (TAV) Börde. Wie sie in ihrer Rede erklärte, wurde bereits 2011 eine erste Studie erstellt, die Potenziale bei einer Änderung der Klärschlammbehandlung untersuchte.
Dafür gibt es verschiedene Anlässe. Bisher wird Klärschlamm oft getrocknet und in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt. Doch dafür gelten seit einiger Zeit strengere Richtlinien. Einen anderen Aspekt bildet das Thema Energieeffizienz. „In Klärschlamm steckt viel Energie, und eine Kläranlage braucht viel Energie“, fasste Vinny Zielske zusammen.
Durch die neuen Anlagen will der TAV einen großen Teil der benötigten Energie selbst erzeugen. Wie Olaf Wachsmuth als technischer Projekt-leiter informierte, verbraucht die Oschersleber Kläranlage pro Jahr etwa 830 000 Kilowattstunden an Strom. Rund die Hälfte davon, also zirka 400 000 Kilo-wattstunden, sollen durch die Klärschlammfaulung erzeugt werden. Tatsächlich denke man bereits über weitere Potenziale nach. „Eine hundertprozentige Eigenversorgung werden wir nicht schaff en. Aber wir sind auf einem guten Weg“, merkte Olaf Wachsmuth an.
„Großer Bahnhof“ zur gestrigen Feierstunde
Bei der gestrigen Feierstunde waren viele Gäste aus der Politik anwesend. Dazu gehörte unter anderem Sachsen-Anhalts Ministerin für Umwelt, Land-wirtschaft und Energie Claudia Dalbert. Auch Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch, die Landtagsabgeordneten Silke Schindler und Guido Heuer, Landrat Martin Stichnoth, sein Amtsvorgänger Hans Walker, Oscherslebens Bürgermeister Benjamin Kanngießer sowie der Stadtratsvorsitzende Wolfgang Nehring waren mit dabei. Begrüßt wurden die Gäste zunächst durch Burkhard Kanngießer in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Verbandsversammlung des TAV. Er ging unter anderem auf die Vergangenheit der Oschersleber Kläranlage und ihre Entwicklung nach der Wende ein. Wie Vinny Zielske erklärte, gehören zum Gebiet des TAV Oschersleben, Wanzleben, die Westliche Börde, die Obere Aller und das Sülzetal – im Prinzip also der ehemalige Bördekreis.
Allerdings habe der Verband festgestellt, dass er bei seinem aktuellen Vorhaben finanzielle Unterstützung brauche. Deshalb habe man als einer der ersten Verbände einen Förderantrag gestellt. Dabei bezog sich die Geschäftsführerin auf ein Förderprogramm, bei dem es um Mittel der EU und des Landes Sachsen-Anhalt geht. Sein voller Titel lautet: „Förderung von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz von öffentlichen Wasserversorgungs- und Abwasseranlagen.“ Der Förderbescheid war vor fast genau einem Jahr von Vertretern des Umweltministeriums überreicht worden. Er ist 1,77 Millionen Euro schwer.
Die Gesamtkosten des Vorhabens bezifferte der TAV zunächst mit 4,24 Millionen Euro. Allerdings erklärte Olaf Wachsmuth gestern, dass der Bau der Klärschlammfaulung voraussichtlich etwas teurer werde. Das lasse sich an den Ergebnissen der Ausschreibungen erkennen. Vor diesem Hintergrund werde der TAV wohl noch weitere Fördermittel beantragen.
Aus Klärschlamm wird erst Methan und dann Strom
Der technische Projektleiter verdeutlichte auch, wie die Klärschlammfaulung funktionieren soll. Dafür zeichnete er nach, welchen Weg der Schlamm durch die Anlage nimmt und wie dabei das Gas Methan gewonnen wird. Das soll zunächst gespeichert und dann in einem Blockheizkraftwerk verwendet werden, um Strom und Wärme zu erzeugen. Letztere werde unter anderem zur Aufwärmung des Schlamms verwendet. Denn dieser brauche für die Faulung eine Temperatur von 36 Grad Celsius. Die Reste des Klärschlamms werden entwässert und am Ende verbrannt. Nach dem Bau gebe es auf dem Gelände der Kläranlage immer noch genug freie Fläche, um beispielsweise Photovoltaik-Anlagen zu installieren und so die Eigenversorgung weiter zu verbessern, so Olaf Wachsmuth.
Gabriele Brakebusch lobte: „Es ist gut, dass sich der Verband Gedanken macht, wie man etwas für die Endverbraucher tun kann.“ Durch die Ersparnis bei der Stromversorgung habe der TAV schließlich weniger Kosten, die auf die Kunden umgelegt würden. Allen Beteiligten wünschte sie ein gutes Gelingen.
Claudia Dalbert erklärte, dass auf diesem Weg auch etwa 215 Tonnen an Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden könnten. „Was Sie hier machen, ist richtig gut für das Klima“, hob die Umweltministerin hervor. Kläranlagen seien „richtige Energieschlucker“. Aber man könne sie nicht abschalten, um Energie zu sparen. Daher seien solche Projekte besonders wichtig.
Beim gestrigen Termin handelte es sich um den ersten offiziellen Spatenstich. Trotzdem haben die Arbeiten an der Baugrube laut Olaf Wachsmuth bereits im Januar begonnen. Eigentlich hätte es sogar noch früher soweit sein sollen. Doch zum einen sorgten die Corona-Pandemie und schlechtes Wetter für Verzögerungen. Zum anderen musste die angehende Baustelle zunächst vom Kampfmittelräumdienst und von Archäologen untersucht werden. Die Fertigstellung der Klärschlammfaulung soll bis Ende Juni 2022 erfolgen.
Quelle: Wanzleber Volksstimme, erschienen am 24.02.2021, Seite 14